Der Klimawandel ist spürbar und stellt eine Bedrohung für Hamburg dar. Darin ist sich die Mehrheit der Befragten in der vom Helmholtz-Zentrum Hereon durchgeführten Studie „Risikobewusstsein Hamburger Bürger_Innen für den Klimawandel 2025“ einig. Die meisten Menschen sehen die größten Gefahren in Sturmfluten, Starkregen und Hitzewellen. Allerdings gehören zu dieser Mehrheit deutlich weniger Jugendliche und junge Erwachsene als noch im Vorjahr. Auch der Anteil der Männer ist gesunken.
Zum 18. Mal infolge hat die Hereon-Wissenschaftlerin Prof. Beate Ratter in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa Hamburgerinnen und Hamburger befragt, wie sie den Klimawandel und seine Folgen wahrnehmen. Ratter leitet die Abteilung für Sozioökonomie des Küstenraums am Hereon-Institut für Küstensysteme – Analyse und Modellierung und ist Professorin an der Universität Hamburg.
„Mit dieser Langzeitstudie untersuchen wir die tiefgehenden Einstellungen zum Klimawandel sowie Trends, die jenseits tagesaktueller Diskussionen die gesellschaftlichen Einstellungen bestimmen”, sagt Ratter. Aus den Ergebnissen könne man auch Potenziale für ein klimaangepasstes Handeln ableiten. „Das ist im Hinblick auf den gesellschaftlichen Umgang mit dem Klimawandel besonders wichtig.”
Bei der diesjährigen Befragung gaben 63 Prozent der Teilnehmenden an, dass sie den Klimawandel als große oder sehr große Bedrohung wahrnehmen. Das sind zwar 3 Prozent weniger als 2024, doch weiterhin die klare Mehrheit. Das Risikobewusstsein bleibt damit auf einem hohen Niveau. „Anlass zur Besorgnis gibt allerdings die Beobachtung, dass der Anteil der jüngeren Befragten im Alter von 14 bis 29 Jahren, die den Klimawandel als große Bedrohung sehen, gegenüber dem letzten Jahr um beträchtliche 11 Prozentpunkte gesunken ist“, sagt Ratter. Besonders auffällig sei auch die Entwicklung bei männlichen Befragten. Der Anteil derer, die den Klimawandel als große Bedrohung einschätzen, sank von 44 auf 35 Prozent.
Mehr Aufmerksamkeit für andere Krisen
Ratter führt den Rückgang des Risikobewusstseins für den Klimawandel darauf zurück, dass andere gesellschaftliche Herausforderungen, internationale Krisen, Kriege und nationale Debatten mehr Aufmerksamkeit erfahren. „Einstellungen und Wahrnehmungen von Menschen zu einer Sache können stark schwanken”, erklärt die Studienleiterin. „Sie werden nicht nur von aktuellen Diskussionen beeinflusst, sondern auch von der Formulierung der Fragen und, wie wir auch zeigen konnten, sogar vom konkreten Wetter während der Befragung.”

Die Hamburgerinnen und Hamburger wurden im Frühjahr 2025 befragt, als vor allem die Bundestagswahl die Nachrichtenlage in Deutschland dominierte. Temperaturen, Niederschläge und Wasserstände bewegten sich damals in Hamburg im Normalbereich. „Auch die Forsa-Erhebungen der Vorjahre belegen, dass aktuelle mediale Diskurse einen maßgeblichen Einfluss auf die öffentliche Problemwahrnehmung in Hamburg hatten“, ergänzt Johanna Nicolaysen, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Hereon. Sie hat die Ergebnisse in diesem Jahr zum wiederholten Mal mit ausgewertet.
Hitzewellen stärker als Bedrohung wahrgenommen
Eine deutliche Veränderung zeigt sich in diesem Jahr auch bei der Frage, welche Naturkatastrophe die schwersten Folgen für Hamburg hätte. Hier nannten 11 Prozent der Befragten Hitzewellen – das sind 3 Prozent mehr als im Vorjahr. Starkregenereignisse verloren leicht an Bedeutung und kommen auf 12 Prozentpunkte. Sturmfluten wurden mit 70 Prozent am häufigsten genannt.
Mehrheit nutzt Warn- und Wetterapps
61 Prozent der Befragten gaben an, die Folgen des Klimawandels in Hamburg bereits heute zu spüren. Zwar ist dieser Wert im Vergleich zum Vorjahr um 5 Prozent gesunken, dennoch stellt er den zweithöchsten Messwert seit Beginn der Erhebung dar. Fast genauso viele Befragte (60 Prozent) halten es für möglich, persönlich von einer Naturkatastrophe betroffen zu sein. Um sich für Extremwetterereignisse zu wappnen, nutzt die Mehrheit der Befragten (76 Prozent) Warn- und Wetterapps oder plant, diese zu installieren. Die Hälfte der Befragten gab an, Vorräte an Wasser, Essen und Medikamenten für den Notfall anzulegen (+2 Prozent) und Nachbarschaftshilfe zu organisieren (+5 Prozent).

Die Teilnehmenden der Studie wurden auch nach den größten Problemen in Hamburg allgemein gefragt. Das Klima landet hier mit 7 Prozentpunkten im unteren Bereich. Die größten Sorgen bereitet der Mehrheit der Verkehr (42 Prozent), gefolgt von Mieten und Wohnung (40 Prozent) sowie Bildungspolitik (21 Prozent).
Wunsch nach wirksamer Klimapolitik
Nationale und internationale Krisen konkurrieren mit dem Klimawandel um die Aufmerksamkeit. Der Wunsch nach verlässlicher Vorsorge und wirksamer Klimapolitik bleibt laut der Studienleiterin Beate Ratter trotzdem stabil. Der Hamburger Senat hatte 2022 beschlossen, bis 2045 CO2-neutral zu sein. In den Hamburger Klimazielen wurde festgelegt, bis 2030 die CO2-Emissionen um 70 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 zu reduzieren. „Um diese Ziele zu realisieren, ist allerdings noch mehr Anstrengung nötig – von allen Seiten“, sagt Ratter.